Schüler bauen alte Fahrräder auf und radeln damit an die Ostsee
Hat ihre Wohnungsbaugenossenschaft in letzter Zeit mal Ihren Fahrradkeller aufgeräumt? Wenn ja, könnten einige dieser Räder – oder deren Teile – Ferien auf Usedom gemacht haben. Denn Schüler der Schule am Tierpark (Sewanstraße 223) haben von der Wohnungsbaugenossenschaft Merkur kaputte Fahrräder abgeholt, diese aufgebaut und sind damit bis an die Ostsee geradelt.
In einer Arbeitsgemeinschaft in der Schule haben die Schüler seit Oktober 2023 defekte Fahrräder aufgebaut und haben sie auf kleineren Touren in Berlin ausgiebig geprüft. Die Schüler machten verschiedene Bremsübungen, lernten, wie man einen hohen Bordstein ohne abzusteigen sicher überfährt und natürlich wie man Reifen wechselt und die Schaltung einstellt.
Am Montag, dem 29.07. traf man sich schließlich zu jugendfreundlicher Zeit (11 Uhr) am S-Bahnhof Bernau, um eine Abschlussreise mit den Fahrrädern zu unternehmen. Von dort machten wir uns an die erste, 34 km lange Etappe zum Werbellinsee. Dabei folgten wir dem Radfernweg Berlin-Usedom. So langsam wurden die Straßen leerer, Lkw-Geräusche wichen Vogelgezwitscher, der Blick wurde breiter, die Umwelt grüner. Und so wurde auch das Schnattern der Jungs leiser und wich einem leicht angestrengt klingendem Atemgeräusch. Hier und da trafen wir andere Radwanderer, größtenteils waren wir aber alleine auf weiter Flur. Die Jungs waren froh, gegen späten Nachmittag den ersten Campingplatz erreicht zu haben. Was nach Pause und relaxen klang, mutete zunächst in Arbeit aus. Zelte wollten aufgestellt, Schlafsäcke ausgerollt, Iso-Matten aufgeblasen werden. Und kochen wollten wir ja auch noch. Für ein kleines Schwimmtraining im Werbellinsee war am Abend dann die Kraft bei den meisten schon verbraucht.
Etappe Zwei: 70 Kilometer von Joachimsthal nach Prenzlau, das ist dann schon eine Herausforderung gewesen. Es ging durch menschenleere Gegenden, durch Dörfer ohne Läden, durch absolut stille Wälder, durch Meere von Sonnenblumen und vorbei an verwunschenen Orten, wie z.B einen Stromkasten mitten im Nichts, der schon fast überwuchert war vom Grün. Nur wenige und weit voneinander entfernte Oasen (wie ein Eisladen und ein Imbiss-Stand) zeugten noch von Zivilisation.
Der Ein oder Andere von uns sah dann doch ein wenig erschöpft aus, als wir am Abend den Campingplatz in Prenzlau endlich erreichten. Und alle nutzten an diesem Abend die kühle Erfrischung im Unteruckersee.
Am nächsten Vormittag schmerzten die Hintern schon ein wenig, als wir uns in die Sättel schwangen. Auch zum nächsten Zwischenziel führten uns gut ausgebaute Radwege durch einsame Gegenden und Dörfer. Aber am dritten Tag trat auch ein gewisser Gewöhnungseffekt ein. Das Radeln fiel etwas leichter und der Genuss der Ruhe und der schönen Gegend wurde reicher. Unser Rastpunkt Gut-Schmarsow ist ein großes, altes Gehöft mit einigen Gebäuden, mehr oder weniger in Schuss. Zu entdecken gab es gruselige Kellergewölbe, angrenzend eine kleine Kirche mit uralten Grabsteinen, eine alte Schmiede, die wirkte, als wäre eben noch jemand dort gewesen. Ein kleiner Höhepunkt war das schon.
Unsere letzte Etappe führte uns von Schmarsow nach Grambin, direkt am Oderhaff. Am nächsten Morgen radelten wir früh ins 4 km entfernte Ueckermünde und setzten per Fähre über das Haff. Nach nur 11 km mit dem Rad erreichten wir am Vormittag noch unser eigentliches Ziel, die Ostsee. Wir besichtigten das Seebad Ahlbeck, wer wollte, schlenderte über die Seepromenade, aß ein Fischbrötchen oder legte sich an den Ostseestrand. Die Jungs übten Tricks auf einem Skater-Platz.
Am letzten Tag besichtigten wir die Stadt Ueckermünde, kundschafteten den Bahnhof aus, besuchten ein Strandfest und genehmigten uns ein Abendessen in einem Restaurant. Gegen 19.00 Uhr bestiegen wir mit den Rädern den Zug und erreichten Berlin-Ostbahnhof gegen 22:30 Uhr.
Ich hoffe, wir werden vor allem die Stille während der Reise so schnell nicht vergessen. Und klar, nächstes Jahr geht’s wieder auf Fahrradreise.